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Es wurde schon dunkel. Als der Teamleiter auf unserem Schnellboot die Taschenlampe hin und her schwenkte, bemerkte ich dieses Mädchen, das uns ansah. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie sah verängstigt aus.

An diesem Foto gefällt mir, dass man sowohl das Schnellboot von SOS MEDITERRANEE als auch das Boot in Seenot voller Menschen sehen kann, aber es ist dieses eine junge Mädchen, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Eine einzelne Person in einer überfüllten, verrückten Situation.

In den Tagen nach der Rettung lernte ich das Mädchen ein bisschen kennen. Sie lachte und scherzte immer mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrer Schwester. Ich habe viele Fotos von ihr gemacht, auf denen sie lächelt und vor der Kamera herumalbert. Sie war einfach ein ganz normales Teenagermädchen, das eine sehr aussergewöhnliche und traumatische Erfahrung durchmachen musste.

Dies war eine der ersten Rettungen, die ich miterlebt habe, und ich fühlte mich diesem Mädchen nah, da ich sie während dieses furchtbaren Moments beobachtet und mich besonders auf sie konzentriert hatte. Sie schien sich so schnell zu erholen, wie es bei Kindern oft der Fall zu sein scheint.

Ich hoffe, dass sie und ihre Familie nach allem, was sie durchmachen mussten, Erleichterung und Sicherheit finden.

Am 30. August 2022: An Bord versucht man die Kinder so gut wie möglich zu beschäftigen, wärend auf die Zuweisung eines sicheren Hafens gewartet wird. Credits: Tara Lambourne / SOS MEDITERRANEE
Drei Tage auf See: Kontext des Einsatzes vom 26. August 2022 
Tara Lambourne, Fotografin an Bord der Ocean Viking

Dieses überfüllte Boot in Seenot wurde am 26. August 2022 in der maltesischen Such- und Rettungszone gefunden. Es war das fünfte

seeuntaugliche Boot, von dem die SOS MEDITERRANEE Crew innerhalb von 36 Stunden Kinder, Frauen und Männer rettete. An Bord waren 56 Personen, darunter 16 Frauen, mehrere Schwangere, 2 Babys und ein drei Wochen alter Säugling. Als alle sicher an Bord unseres Rettungsschiffs, der Ocean Viking, waren, zeigten die Überlebenden Anzeichen starker Erschöpfung und Dehydrierung, nachdem sie drei Tage auf See in brütender Hitze ohne ausreichend Wasser und Nahrung verbracht hatten. Viele hatten schwere Sonnenbrände.

Lies die Zusammenfassung unseres letzten Einsatzes.

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