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Esther fährt seit über zehn Jahren zur See und erwarb ihr nautisches Patent in ihrem Herkunftsland Deutschland. Sie arbeitete als nautische Offizierin an Bord von Container- und Passagierschiffen. „Ich liebe meinen Beruf. Neben der Arbeit hatte ich die Möglichkeit, andere Lebensweisen und Kulturen kennen zu lernen. Es hat mir aber auch die Augen für die Ungerechtigkeiten in unserer Welt geöffnet“, sagte Esther zu Beginn ihres ersten Einsatzes auf der Ocean Viking. „Die letzten zehn Jahre haben mein Bewusstsein für den hohen Lebensstandard, mit dem ich in Deutschland aufgewachsen bin, geschärft.“ Nach mehreren Jahren erfüllte die Arbeit in Reedereien Esther nicht mehr. „Ich mochte es, auf See zu sein, aber ich hatte das Bedürfnis, meine Fähigkeiten und Kenntnisse für etwas Menschlicheres einzusetzen als den Transport von Waren. Ich begann nach Möglichkeiten zu suchen, weiterhin auf Schiffen zu arbeiten und gleichzeitig an einem sinnvollen Einsatz teilzunehmen“, erklärte sie.

Anfang 2021 sah Esther einen Dokumentarfilm über die Rettungseinsätze von SOS MEDITERRANEE im zentralen Mittelmeer. „Dieser hat mich überzeugt, mich für einen Einsatz an Bord der Ocean Viking zu bewerben“, sagt sie. „Mit meinem maritimen Hintergrund kenne ich die Risiken der Arbeit auf See aus erster Hand. Als Seefahrerin kann es keine Frage sein, Menschen in Seenot zu retten. Ich verlasse mich auf den rechtlichen Rahmen und vertraue darauf, dass ich gerettet werde, wenn ich eines Tages in Not gerate. Die Tatsache, dass trotz klarem internationalen Recht die Such- und Rettungseinsätze in den meisten Teilen des zentralen Mittelmeers nicht mehr von den europäischen Mitgliedstaaten koordiniert werden, ist für mich inakzeptabel.“

Als Vorbereitung auf ihren ersten Rettungseinsatz auf See hat Esther die von SOS MEDITERRANEE im November und Dezember angebotenen Schulungen mit grossem Eifer verfolgt. Als stellvertretende Such- und Rettungskoordinatorin unterstützt sie die Brücke bei Such- und Rettungseinsätzen und kümmert sich bei Bedarf um das Wohlbefinden der Geretteten. Vor Beginn ihres ersten Einsatzes auf der Ocean Viking sagte sie: „Diese Rettungseinsätze sind unvorhersehbar. Ich bin gespannt, was auf uns zukommt und wie ich persönlich darauf reagieren werde. Wir alle haben diesbezüglich Bedenken. Es ist unmöglich zu wissen, wie man in einer so akuten Notlage reagieren wird. Ich fühle mich aber sicher mit dem erfahrenen Team. Wir arbeiten zusammen und unterstützen uns gegenseitig, und ich glaube das kann den Unterschied in Situationen ausmachen, in denen es nicht nur um Stress, sondern um Leben und Tod geht.  

 

Fotos: Laurence Bondard / SOS MEDITERRANEE

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