Medienmitteilung: Das italienische Verfassungsgericht muss über das Piantedosi-Dekret entscheiden
Medienmitteilung: Das italienische Verfassungsgericht muss über das Piantedosi-Dekret entscheiden
Medienmitteilung: Das italienische Verfassungsgericht muss über das Piantedosi-Dekret entscheiden
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Zürich, 11. Oktober 2024 - Im Rahmen des Berufungsverfahrens gegen die administrative Festsetzung der Ocean Viking am 9. Februar 2024 hat eine Richterin des Gerichts in Brindisi die Frage nach der Verfassungsmässigkeit des sogenannten Piantedosi-Dekrets (Gesetzesdekret 1/2023, später Gesetz Nr. 15/2023) aufgeworfen.
Den Festsetzungsbescheid erhielt die Ocean Viking von den italienischen Behörden nach der Anlandung von 261 Überlebenden im Hafen von Brindisi. Der Grund für diese Festsetzung waren falsche Anschuldigungen durch die libyschen Schifffahrtsbehörden.
Während des Verfahrens zur Anfechtung der Festsetzung der Ocean Viking, legten die Anwälte der NGO, Francesca Cancellaro und Dario Belluccio, eine umfangreiche Verteidigungsschrift zur Verfassungswidrigkeit des Piantedosi-Dekrets vor. Der zentrale rechtliche Grundsatz lautet: „Ein Verhalten, das auf die Rettung von Menschenleben abzielt, darf nicht sanktioniert werden.“
Das juristische Gutachten hebt mehrere verfassungsrechtlich zweifelhafte Elemente des Piantedosi-Dekrets hervor, darunter insbesondere:
- Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit und Angemessenheit zwischen der Sanktion, hier der Festsetzung des Schiffs, und der Achtung der Grundrechte. „Das Verhältnismäßigkeitsprinzip muss immer die Entscheidungen des Gesetzgebers leiten, wenn es um die Einschränkung von Grundrechten geht“, erklärten die Anwälte in der Anhörung. „In diesem Fall stehen fundamentale Rechte auf dem Spiel, sowohl für diejenigen, die von der Sanktion betroffen sind, wie die Rettungsschiffe, als auch für die Schiffbrüchigen selbst.“
- Der Grundsatz der Genauigkeit. Dieser wird dadurch behindert, dass das Dekret die Feststellung des angeblich rechtswidrigen Verhaltens der Ocean Viking von der Beurteilung durch die Behörden eines Drittstaates, in diesem Fall Libyens, abhängig macht.
Ferner ist nach Ansicht des Verteidigungsteams von SOS MEDITERRANEE auch die Sanktionierung eines unter norwegischer Flagge fahrenden Schiffes in internationalen Gewässern durch Italien verfassungswidrig. Ebenso wird die Sanktionierung der Ocean Viking wegen der Nichteinhaltung der Anweisungen eines anderen Staates (Libyen) in internationalen Gewässern rechtlich infrage gestellt.
Die Richterin des Gerichts in Brindisi, Roberta Marra, erkannte die Argumentation von SOS MEDITERRANEE an und verwies die Sache zur Prüfung der Verfassungsmässigkeit des Piantedosi-Dekrets an den italienischen Verfassungsgerichtshof.
„Es wird die gesamte Struktur eines ungerechten und diskriminierenden Gesetzes angefochten“, sagt Soazic Dupuy, Einsatzleiterin von SOS MEDITERRANEE, „und das ist aus vielen Gründen wichtig. Erstens werden die Anschuldigungen der zivilen Seenotrettungsorganisationen gegen dieses schädliche und unnötige Gesetz nun rechtlich bestätigt.“
„Zweitens“, so S. Dupuy weiter, „ist diese Entwicklung umso bedeutender angesichts der jüngsten legislativen Massnahmen, die im sogenannten ‚Migrationsdekret‘ und ‚Sicherheitsdekret‘ des italienischen Rechts enthalten sind, welche die Sanktionen und Massnahmen des Piantedosi-Dekrets vermutlich noch weiter verschärfen werden. Dies mit dem Ziel, das Leben derjenigen, die Leben retten und im zentralen Mittelmeer Zeugnis ablegen, unmöglich zu machen.
Wir hoffen, dass das Verfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzes anerkennen wird und ein klares Zeichen gegen die Kriminalisierung humanitärer Aktionen von Seenotrettungs-NGOs setzt.“
Für weitere Informationen oder um ein Interview zu vereinbaren, kontaktieren Sie bitte:
Stefan Caprez | +41 78 228 48 60 | s.caprez@sosmediterranee.org
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